Warum Licht für viele Fotografen immer noch ein Problem ist

 

In der Fotografie hören wir immer wieder, das Licht der größte Faktor in deinem Foto ist. Die richtigen Lichtbedingungen können ein gutes Foto außergewöhnlich machen.

Aber Licht verhält sich manchmal auch wie eine Diva und ist nicht immer so kooperativ, wie man das als Fotograf gerne hätte.

Deshalb habe ich dir hier einen praktischen Guide für den Umgang mit Licht zusammengestellt!

 

Warum das Licht nicht so will wie du

Ich habe im Laufe meiner Karriere als Fotograf gelernt, dass Licht ziemlich launisch sein kann.

Du kennst das sicher: Du hast die perfekte Szene vor Augen, alles ist bereit, aber das Licht... das Licht entscheidet sich einfach anders. Manchmal scheint es fast so, als hätte es seinen eigenen Kopf!

Das Problem warum das Licht aber nicht so will wie wir liegt aber oft daran, dass wir die Bedingungen nicht ernst nehmen. Gerade zu meiner Anfangszeit hatte ich eine Idee und wollte die unbedingt sofort umsetzen - egal wie draußen die Lichtbedingungen waren.

Nehmen wir zum Beispiel den Sonnenuntergang. Ein magischer Moment, der in der Theorie das Potenzial hat, jedes Bild in ein Kunstwerk zu verwandeln.

Aber es ist nicht einfach, das perfekte Sonnenuntergangsfoto zu bekommen. Es reicht nicht, einfach zur "Golden Hour" rauszugehen und zu hoffen, dass alles passt. Ist der Himmel wolkenverhangen, kannst du den strahlenden Himmel, den du dir erhoffst, wahrscheinlich vergessen.

Und dann gibt es Tage, an denen das Licht einfach zu hart ist. Mittags zum Beispiel, wenn die Sonne hoch am Himmel steht und gnadenlos jede Szene mit scharfen Schatten und überbelichteten Highlights zerhackt. Wer nach weichem, gleichmäßigem Licht sucht wird hier natürlich enttäuscht.

Wir denken als Fotografen zu häufig, wir könnten Licht einfach nach Belieben bändigen, aber oft müssen wir uns einfach den Gegebenheiten anpassen.

Die Sache ist die: Du kannst nicht immer das Licht kontrollieren, aber du kannst lernen, damit zu arbeiten.

 

Verstehe welchen Charakter dein Licht hat

Es gibt verschiedene Arten von Licht, die einen starken Einfluss auf den Charakter deiner Fotos haben: Das passive und das aktive Licht.

 

1. Passives Licht

Passives Licht, das klingt zunächst vielleicht nicht besonders spannend, aber begegnet uns in der Fotografie recht häufig.

Besonders an grauen Wintertagen, wolkenverhangenen Morgen- oder Abendstunden hast du einfach kein spannendes Licht.

In solchen Momenten bietet es kaum Leuchtkraft oder Farbspiel, was zu einer sehr gleichmäßigen Beleuchtung mit wenig Kontrast führt.

Versuchst du bei solchen Bedingungen eine Silhouette zu fotografieren, dann machst du dir das Leben nur unnötig schwer. Bei solchen Lichtbedingungen ausreichend Kontrast für eine Silhouette zu finden ist nämlich extrem schwer.

Porträts sind aber zum Beispiel eine fantastische Möglichkeit, um das Beste aus passivem Licht herauszuholen.

Die gleichmäßige Beleuchtung minimiert harte Schatten und sorgt für sanfte Übergänge auf der Haut, was besonders schmeichelhaft sein kann.

Wenn du also das nächste Mal draußen bist und das Licht flach und langweilig erscheint, schnapp dir ein freundliches Gesicht und experimentiere mit einigen Porträtaufnahmen.

Schwarz-Weiß-Fotografie ist eine weitere großartige Option für Tage mit passivem Licht. Ohne die Ablenkung durch Farben kannst du dich voll und ganz auf Formen, Texturen und die Intensität verschiedener Grautöne konzentrieren.

Passives Licht kann hierbei helfen, die subtilen Details zu betonen, die in einer farbenfroheren Umgebung vielleicht untergehen würden.

 

2. Aktives Licht

Aktives Licht ist das, was viele von uns wirklich suchen. Es sind die Momente, in denen das Licht dramatisch und ausdrucksstark ist, dass es fast schon alleine die Hauptrolle in unseren Fotos übernehmen kann.

Ich habe immer wieder die Erfahrung gemacht, dass aktives Licht eine Szene vollkommen transformieren kann.

Ob es nun der epische Sonnenuntergang ist, der den Himmel in eine Farbexplosion verwandelt, oder eine Szene mit tiefen, reichen Schatten und brillant beleuchteten Bereichen – aktives Licht zieht die Blicke auf sich.

Ein großartiges Beispiel für aktives Licht ist, wenn du gerade zur goldenen Stunde fotografierst. Die tief stehende Sonne wirft lange Schatten und erzeugt eine warme, goldene Beleuchtung, die alles in ein magisches Licht taucht.

In solchen Momenten benötige ich oft kein starkes Motiv, weil das Licht selbst die Show stiehlt.

Die Szenerie wird lebendig und ich kann Bilder erschaffen, die ohne dieses Licht einfach nicht möglich wären.

Aber auch mit aktiven Lichtverhältnissen muss man vorsichtig sein, besonders bei Portraits. Mitten am Tag, wenn die Sonne hoch am Himmel steht, ist das Licht natürlich sehr hart.

Die starken Kontraste wirken auf der Haut in vielen Fällen sehr unvorteilhaft, Schatten werden tief und hart, was oft nicht schmeichelhaft ist.

Das Spiel mit Silhouetten hingegen wird durch aktives Licht ungemein erleichtert. Die klare Trennung von Licht und Schatten, die man bei solchen Lichtverhältnissen oft findet, ermöglicht es, klare und eindrucksvolle Silhouetten zu schaffen.

 

Arbeite mit dem was du hast!

Die Schlussfolgerung ist also logisch: Ich habe gelernt, dass es nicht darum geht, meinen eigenen Stil dem Licht aufzuzwingen, sondern vielmehr darum, flexibel zu sein und das Beste aus dem zu machen, was mir die Natur bietet.

Das ist natürlich auch irgendwie logisch und wirklich viel hast du daraus wahrscheinlich nicht gelernt. Daher hier ein etwas praktischeres Beispiel.

Es gibt kein pauschales Richtig oder Falsch, wenn es um Licht in der Fotografie geht.

Ich will aber gar nicht sagen, nimm Portraits immer nur bei passivem Licht auf oder eine Landschaft wirkt nur bei aktivem Licht gut.

Was ich viel mehr sagen will, ist, dass es Sinn macht, sich Vorbilder zu suchen. Analysiere, welche Lichtbedingungen in den Fotos herrschen, die einen persönlich ansprechen.

Landschaften im Nebel haben einen mystischen Look. Und Aufnahmen von Wohngebieten während der Nacht haben auch einen ganz eigenen Stil. Es gibt also kein Richtig und Falsch.

Aber es ist viel schwerer, einen mystischen Look zu erzeugen, wenn du um 12 Uhr mittags unterwegs bist, als in einer dunklen, leicht nebligen Nacht. So viel ist hoffentlich logisch.

Was ich also gelernt habe, ist, dass ich am besten einen ganzen Katalog an Ideen im Kopf habe, die ich gerne fotografieren möchte, und wenn ich die Zeit für etwas finde, zu schauen, welche Lichtbedingungen herrschen und meine Fotografie an diese anzupassen.

Oder eben auch gezielt nach bestimmten Bedingungen zu suchen und an Orte zu gehen, die bekannt dafür sind.

Nebellandschaften würde ich zum Beispiel auf Madeira viel häufiger finden als in einer deutschen Großstadt.

 

 
Timo Nausch