4 Fotografie Anfängerfehler über die zu wenig gesprochen wird

 

Hier sind 4 Anfängerfehler in der Fotografie, über die zu selten gesprochen wird.

 

1. Zu viele Motive

Es gibt einen Fehler, den ich bei vielen neuen Fotografen ständig sehe: Sie wollen alles auf einmal fotografieren. Da steht man dann an einem spannenden Ort – Berge, Menschen, Autos, Himmel, ein Hund rennt durchs Bild – und man denkt sich: „Geil, ich nehm einfach alles mit drauf!“

Das Problem ist: Wenn du zu viele Motive in einem Foto hast, weiß am Ende keiner mehr, worum’s eigentlich geht.

Das Auge springt wild hin und her, findet aber keinen Ruhepunkt. Statt „Wow!“ denkt man eher „Hä?“. Das Bild wirkt unruhig, unklar – einfach zu voll und nur wie ein Schnappschuss.

Ein gutes Foto braucht ein Hauptmotiv. Etwas, das sofort sagt: „Hey, ich bin der Star hier.“ Alles andere im Bild darf das unterstützen – aber nicht dagegen ankämpfen.

Wenn du das schaffst, entsteht so etwas wie eine kleine Ordnung fürs Auge. Man nennt das „visuelle Hierarchie“, aber eigentlich heißt’s nur: Das Wichtigste steht im Mittelpunkt, der Rest ergänzt es.

Klar, es gibt diese Street-Fotografen, die in einem einzigen Bild zehn verschiedene Geschichten erzählen können – mit Menschen, Schatten, Licht und Chaos.

Aber das sind absolute Könner. Die haben jahrelang geübt, beobachtet, ausprobiert. Wenn man das als Anfänger nachmachen will, endet’s oft in einem bunten Kuddelmuddel.

Ich sag’s mal so: Wenn du gerade anfängst, ist weniger wirklich mehr. Ein einfaches Foto mit klarer Aussage ist tausendmal stärker als ein chaotisches Bild voller „vielleicht auch interessante Dinge“.

Und keine Sorge: Einfach heißt nicht langweilig. Es heißt, dass du lernst, bewusst zu sehen.

Ich erinnere mich noch an meine ersten Fotos. Damals dachte ich, sie wären der Hammer. Heute schau ich sie an und denke: „Was hab ich mir dabei bloß gedacht?“ Ich hatte keine Ahnung von Bildaufbau oder Stimmung, aber ich war überzeugt, ich wüsste schon alles. Typisch Anfänger eben.

 

2. Auf die richtigen Leute hören

Ein Fehler, den ich immer wieder sehe, hat gar nichts mit der Kamera zu tun – sondern mit den Menschen, auf die man hört. Wenn man anfängt zu fotografieren, will man natürlich Feedback.

Man zeigt seine Bilder stolz herum, postet sie in Facebook-Gruppen oder schickt sie Freunden. Und was passiert? Jeder hat plötzlich eine Meinung. Der eine sagt: „Mach das heller!“, der nächste: „Nee, zu hell!“, und jemand anders ruft: „Mehr Kontrast!“ – und am Ende weißt du gar nicht mehr, wem du glauben sollst.

Das Problem ist: Nicht jeder, der eine Meinung hat, hat auch Ahnung. Wenn du lernen willst, musst du darauf achten, von wem du lernst.

Es ist ein bisschen wie beim Arztbesuch – du fragst ja auch nicht deinen Nachbarn, was du gegen Kopfschmerzen tun sollst, nur weil er mal eine Tablette genommen hat. Oder holst dir auch keine Bodybuilding Tipps von einer übergewichtigen Person.

In der Fotografie ist das genauso: Hol dir Rat von Leuten, die wirklich wissen, was sie tun - und du gleichzeitig auch von ihrer Arbeit angesprochen wirst.

Klar, es ist super, sich mit anderen Anfängern auszutauschen. Das kann richtig motivierend sein. Man geht gemeinsam fotografieren, teilt seine Erfolge und Misserfolge, feuert sich gegenseitig an. Das ist Gold wert!

Aber wenn’s um Technik oder Bildkritik geht, stößt man da schnell an Grenzen. Ein Anfänger erkennt oft nicht, warum ein Foto gut oder schlecht wirkt – er spürt’s vielleicht, kann’s aber nicht erklären. Oder ist von Effekten wie einem unscharfen Hintergrund so begeistert, das er jedes Foto damit automatisch gut findet.

Ein erfahrener Fotograf dagegen sieht sofort, wo’s hakt. Der merkt, dass dein Fokus minimal verrutscht ist oder dass das Licht im falschen Moment kam. Er kann dir sagen, wie du’s besser machst – nicht nur, dass es irgendwie „nicht so cool aussieht“. Genau solche Menschen bringen dich weiter.

Also such dir Vorbilder, deren Fotos dich wirklich begeistern. Leute, bei denen du denkst: „So will ich irgendwann auch fotografieren.“ Versuch, von ihnen zu lernen – durch Kurse, Bücher, Videos oder, wenn du Glück hast, durch direktes Feedback.

Sehr wichtig dabei ist aber auch, dass du die Fotografie dieser Person wirklich ansprechend findest. Bruce Gilden zum Beispiel ist ein deutlich besserer, bekannterer & erfolgreicherer Fotograf als ich. Gleichzeitig sind seine Fotos jedoch nichts, dass ich selbst unbedingt aufnehmen möchte. Wie sinnvoll wäre es daher für mich, mir Feedback von ihm einzuholen?

 

3. Unterscheide zwischen Fehler und Artstil

Ein Fehler den ich zum Glück nicht allzu häufig sehe, der aber absolut fatal ist wenn er auftritt: Die Verwechslung von Fehler und Artstil.

Da wird ein unscharfes Bild gemacht, und statt zu sagen „Mist, das ist verwackelt“, heißt es plötzlich: „Das war Absicht. Das ist mein Stil.“ Nein. In 99 Prozent der Fälle ist es kein Stil – es ist einfach unscharf.

Und das meine ich nicht böse. Jeder fängt mal so an. Ich selbst habe auch genug verwackelte, schief belichtete oder falsch fokussierte Bilder produziert, bevor ich überhaupt verstanden habe, was ich da tue. Aber genau da liegt der Unterschied: Ein Stil ist eine bewusste Entscheidung. Ein Fehler passiert aus Zufall.

Wenn dein Motiv unscharf ist, obwohl du eigentlich wolltest, dass es scharf ist – dann war das ein Fehler. Vielleicht war deine Verschlusszeit zu langsam, dein Fokuspunkt falsch gesetzt oder dein Motiv zu schnell unterwegs. Das passiert. Das ist völlig normal.

Aber es ist eben kein „künstlerischer Effekt“. Und nein, man kann Unschärfe nicht einfach nachträglich zur „Stimmung“ erklären, wenn sie unabsichtlich entstanden ist.

Das Schöne ist: Fehler sind nichts Schlimmes. Im Gegenteil – sie sind dein bestes Lernwerkzeug. Digitalfotografie ist gnädig.

Du kannst sofort sehen, was schiefgelaufen ist, und beim nächsten Versuch besser machen. Kein Film, kein Warten, kein Drama. Nur Lernen.

Aber Lernen funktioniert nur, wenn du ehrlich zu dir bist. Wenn du jeden Patzer gleich als Kunst verkaufst, nimmst du dir selbst die Chance, wirklich besser zu werden.

Stell dir vor, du willst lernen, Gitarre zu spielen. Beim ersten Akkord greifst du daneben. Wenn du jetzt sagst: „Das ist mein Sound“, wirst du nie richtig spielen lernen. Wenn du aber sagst: „Ups, daneben. Noch mal.“, wirst du irgendwann genau die Töne treffen, die du auch wirklich spielen wolltest – und dann kannst du entscheiden, ob du sie absichtlich wieder schräg klingen lässt. Das ist der Moment, in dem aus Technik Kunst wird.

Fotografie ist da nicht anders. Ziel ist nicht, immer perfekte Bilder zu schießen, sondern die Kontrolle zu haben. Du willst an dem Punkt ankommen, an dem du siehst, was du fotografieren willst, und genau weißt, wie du es umsetzt.

Wenn du dann beschließt, Bewegungsunschärfe einzubauen, weil du Dynamik zeigen willst – super. Wenn du mit Licht spielst, weil du eine bestimmte Stimmung erzeugen möchtest – perfekt. Aber du tust es bewusst, nicht zufällig.

Viele Anfänger verwechseln Zufall mit Kreativität. Doch wirkliche Kreativität entsteht erst, wenn du die Grundlagen beherrschst. Wenn du weißt, wie Blende, Zeit und Fokus zusammenarbeiten. Wenn du bewusst entscheidest, gegen die Regeln zu verstoßen, statt sie aus Versehen zu ignorieren.

 

4. Du entscheidest dich nicht für einen Stil, er findet dich

Leute, die gerade erst mit der Fotografie anfangen, reden schon davon, „ihren eigenen Stil“ zu finden. Sie suchen verzweifelt nach dem einen Look, der sie von allen anderen unterscheidet.

Manche kaufen sich teure Presets, andere basteln stundenlang an Farben herum – in der Hoffnung, dass ihr Stil plötzlich auftaucht wie ein Pokémon auf einer Wiese. Aber so funktioniert das nicht.

Dein Stil ist nichts, das du planst oder dir ausdenkst. Er ist das, was übrig bleibt, wenn du lange genug fotografiert hast.

Er ist das Ergebnis deiner Entscheidungen, deiner Fehler, deiner Stimmung und deines Blicks auf die Welt. Und das kannst du nicht beschleunigen – so wenig wie das Wachsen eines Baumes. Du kannst ihn nur regelmäßig gießen: mit Übung, Neugier und ein bisschen Geduld.

Viele Anfänger verkrampfen bei der Suche nach diesem „eigenen Stil“. Sie fotografieren ein Thema oder Motiv, das gut funktioniert, und bleiben dann dabei, als hätten sie ihre Komfortzone mit Absperrband markiert.

Immer die gleiche Perspektive, immer der gleiche Bildaufbau, weil das beim letzten Mal ja „gut angekommen“ ist. Aber genau das bremst dich aus.

Wenn du dich weiterentwickeln willst, musst du dich bewegen. Wörtlich. Geh um dein Motiv herum, klettere auf eine Bank, geh in die Hocke, probiere aus, wie Licht, Schatten und Winkel wirken. Je mehr du spielst, desto schneller verstehst du, was dir gefällt – und was nicht. Dein Stil wächst aus diesen Experimenten, nicht aus stiller Grübelei am Schreibtisch.

Viele denken, Stil habe etwas mit Bearbeitung zu tun. Klar, dein Look, also wie du deine Fotos bearbeitest, kann Teil davon sein. Aber das ist nur die Oberfläche. Der eigentliche Stil liegt darunter – in dem, was du fotografierst, warum du es tust und wie du die Welt siehst.

Wenn du also einfach nur versuchst, den Farbton eines anderen Fotografen zu kopieren, bekommst du vielleicht denselben Look, aber nie denselben Stil.

Gerade in den ersten Jahren ist das völlig normal. Du probierst viel aus, du kopierst, du verirrst dich, du findest etwas Neues – und dann verlierst du es wieder. Das ist Teil des Prozesses. Stil kann man nicht suchen. Er findet dich – in dem Moment, in dem du aufhörst, ihn krampfhaft zu jagen.


 
Timo Nausch