Was tun, wenn man bei Streetfotografie angesprochen wird?

 
 
 

Wer sich mit Streetfotografie beschäftigt, dem fällt schnell auf, wie oft man hierbei unbekannte Menschen auf der Straße fotografiert.

Dabei ist es unvermeidlich, dass man hin und wieder von Passanten oder den fotografierten Personen selbst angesprochen wird. Viele Fotografen sind dann aber verunsichert, was sie tun sollen, wenn man bei Streetfotografie angesprochen wird.

Wie du in solchen Situationen reagiert, kann einen großen Unterschied darin machen, ob das Erlebnis positiv oder negativ verläuft.

In diesem Beitrag zeigen wir dir, wie du souverän und respektvoll mit solchen Begegnungen umgehst, und geben dir wertvolle Tipps, wie du das Gespräch lenken kannst, um das Verständnis für deine Arbeit als Streetfotograf zu fördern und mögliche Konflikte zu entschärfen.

Die Video Version dieses Beitrages:

Verstehe die Situation 

Zuerst einmal solltest du verstehen, warum dich dein Gegenüber anspricht. Die meisten Menschen sehen nämlich nur, dass du ein Foto gemacht hast, ohne dich oder möglicherweise sogar das Genre der Streetfotografie überhaupt zu kennen.

Daher ist es verständlich, es erst einmal seltsam zu finden, wenn man auf der Straße von Fremden fotografiert wird.

 Wenn du bei der Streetfotografie angesprochen wirst, ist es daher wichtig, deine Absichten klar und offen darzulegen, um Verständnis und Akzeptanz für das was du tust zu fördern.

Dabei solltest du dein Interesse an der Streetfotografie erklären und ausführen, was dich dazu motiviert, diese (für manche besondere) Art der Fotografie zu betreiben. 

Du könntest beispielsweise erklären, wie Streetfotografie dir die Möglichkeit bietet, einzigartige Momente festzuhalten, die das Leben in seiner Vielfalt und Schönheit repräsentieren.

Oder das du mit deinen Bildern Geschichten erzählen und einen Einblick in das tägliche Leben der Menschen geben möchtest. 

Du könntest ebenfalls darauf hinweisen, dass Streetfotografie ein bedeutendes Genre innerhalb der Fotografie ist, das eine lange Tradition hat und als wertvolles Zeitdokument dient.

Es ist in jedem Fall wichtig, in ein paar wenigen Sätzen zu erklären, was und warum du da bist und das tust, dass du tust.

Je schneller die Person merkt, dass du nichts böses im Schilde führst, desto eher lässt sie dich auch wieder in Ruhe und du kannst unbesorgt weiterfotografieren.

 
 

Wie du das Gespräch in eine positive Richtung lenkst

Nachdem du erklärt hast, dass du Streetfotograf bist, hast du zwar einen Grundstein gelegt, solltest die Situation aber immer noch etwas zu deinen Gunsten lenken.

Ich biete der Person zum Beispiel immer an, sich das Foto, das ich aufgenommen habe, zusammen auf der Kamera anzusehen.

In solchen Fällen kann ich dann darüber sprechen, was mich an der Szene fasziniert hat und was ich so ansprechend finde.

Wenn es passend ist, kann man an dieser Stelle auch ein Kompliment für den Fotografierten einbauen, wenn er oder sie zum Beispiel ein tolles Outfit trägt, kann man dieses hervorheben und erklären, dass die Person damit aus der Masse herausgestochen hat.

Zudem biete ich der Person auch immer an, das Foto zuzusenden, via E-Mail oder Social Media, was auch immer gerade passender ist.

Du wärst überrascht, wie viele das Angebot noch nicht einmal annehmen, aber allein weil ich so offen und enthusiastisch über das Foto rede, es gut sein lassen und einfach weitergehen.

Du siehst also hoffentlich, mit einer offenen und ehrlichen Herangehensweise entschärft du viele Situationen von vorneherein.

Wichtiges No-Go: Lüge dein Gegenüber nicht an, das führt nur zu unangenehmen Situationen.

Auf die Frage “Hast du gerade ein Foto von mir gemacht” mit “Nein” zu antworten und weitergehen zu wollen, obwohl du tatsächlich ein Foto gemacht hast, wird dich früher oder später in Situationen bringen, die du eigentlich vermeiden willst.

Wie du brenzlige Situationen entschärfst

Was ich dir oben beschrieben habe, ist natürlich der Idealfall, der auch in 98% der Fälle eintritt. Nicht jede Situation kannst du jedoch positiv beenden, manchmal hast du auch einfach negative Begegnungen auf der Straße.

So etwas merkst du meist schon daran, wie die Person auf dich zugeht. Sind die meisten Leute eher neugierig neutral mit der Frage “Was machst du da”, gibt es auch die aggressive Variante, die das Gespräch in die Richtung “Ey, du darfst mich nicht fotografieren, was soll das” beginnt.

Auch hier nutze ich die oben beschriebene Taktik, und versuche das Genre der Streetfotografie kurz zu erklären.

In der Regel ist das bei solchen Menschen aber sinnlos, da diese - sobald du bestätigst ein Foto gemacht zu haben - sofort in eine Defensivhaltung übergehen und dir mehr oder weniger nicht länger zuhören.

Da wird dann schnell das Thema Datenschutz, Recht am eigenen Bild oder sonstwas argumentiert und mit Polizei oder Anzeige gedroht.

Ehe du jetzt aber in Panik verfällst, Streetfotografie ist auch in Deutschland nichts illegales und du wirst sicherlich nicht deswegen ins Gefängnis kommen - als studierter Jurist sollte ich das wahrscheinlich ganz gut einschätzen können ;)

Sinnvoll ist es, hier die Rechtslage zu kennen. Grundsätzlich ist Streetfotografie auch mit dem Datenschutz vereinbar, genauer habe ich dir das in meinem Video dazu auf Youtube zusammengefasst:

 
 

Prinzipiell streite ich mich mit solchen Leuten aber nicht, selbst wenn ich im Recht wäre. Drohungen mit Polizei oder Anzeige sind hohl, daher ignoriere ich diese schlichtweg.

Wünscht die Person, dass ich ihr Bild lösche, dann tue ich das auch. Selbst das beste Foto der Welt ist es nicht wert, wenn du dir dafür von irgendjemandem den Tag vermiesen lässt.

Daher lösche ich das Foto einfach vor den Augen der betroffenen Person, lasse es gut sein und gehe weiter.

Wenn du es darauf anlegen willst und die passende Kamera hast, kannst du deine Fotos aber bspw. auch auf 2 Speicherkarten gleichzeitig speichern, wenn du es von der einen löschst, kannst du es über die zweite dennoch wieder herstellen.

Persönlich nutze ich solch eine Taktik zwar nicht, kenne jedoch Streetfotografen, die so vorgehen. Wie gesagt benötigst du dafür aber eine Kamera, die in der Lage ist, zwei Speicherkarten gleichzeitig zu beschreiben.

Vorbeugende Maßnahmen

Um unangenehmen Situationen vorzubeugen, kannst du präventive Maßnahmen ergreifen, die das Risiko minimieren angesprochen zu werden und unerkannt auf der Straße zu bleiben. 

Zum einen kannst du unauffällige Kleidung und Equipment wählen, um in der Menge weniger aufzufallen.

Verzichte auf auffällige Logos oder Farben (eine knallgelbe Jacke ist z.B. hinderlich) und verwende eine kleinere Kamera, die weniger ins Auge fällt als professionelle Spiegelreflexkameras.

Dadurch kannst du unbemerkt agieren und erhöhst die Wahrscheinlichkeit, dass du in der Masse untergehst und nicht direkt mit deiner Fotografie in Verbindung gebracht wirst. Eine Übersicht der besten Kameras für Streetfotografie findest du hier, den Faktor Größe habe ich bei der Auswahl ebenfalls bedacht.

Mit etwas Erfahrung wirst du auch Techniken für unauffälliges Fotografieren entwickeln. Dazu zählt beispielsweise das Fotografieren aus der Hüfte oder fotografieren nur über das Display der Kamera, ohne sie ans Auge zu führen.

Es ist erstaunlich, wie viel mehr Aufmerksamkeit du auf dich ziehst, wenn du die Kamera nicht nur vor dein Gesicht, sondern ans Auge führst, probiere es ruhig mal aus, ich habe auch erst nicht glauben wollen, dass das einen Unterschied macht. 

Auf diese Weise kannst du unauffällig fotografieren, ohne die Aufmerksamkeit der anderen Menschen auf der Straße auf dich zu ziehen.

Ebenso solltest du ein gewisses zwischenmenschliches Feingefühl entwickeln. Du wirst unter Umständen merken, ob sich eine Person wohl oder unwohl fült wenn du fotografierst.

Manche Menschen drehen sich auch bewusst weg oder halten sich etwas vor das Gesicht.

In solchen Momenten solltest du die Privatsphäre der Person respektieren und nicht noch weiter darauf drängen ein Foto machen zu wollen. Gehe einfach weiter und suche dir dein nächstes Motiv

Indem du ein paar der präventiven Maßnahmen beherzigst, kannst du das Risiko des angesprochen Werdens bei der Streetfotografie reduzieren und somit potenzielle Konflikte vermeiden.

Auf diese Weise kannst du dich auf das konzentrieren, was für dich als Streetfotograf am wichtigsten ist: das Einfangen von authentischen und aussagekräftigen Momenten im urbanen Leben.

Wenn du dich noch unsicher fühlst, schau dir auch meine Tipps an, wie du ohne Angst mit Streetfotografie starten kannst. Viel Spaß beim Fotografieren! :)


 
Timo Nausch