Ignoriere diesen schlechten Tipp zur Reisefotografie
Ich bin Fotograf und digitaler Nomade. Daher fotografiere ich an den verschiedensten Orten, von Deutschland, über Spanien, Portugal, Italien oder auch exotischeren Zielen wie Thailand.
Immer wieder höre ich dabei jedoch einen Tipp, den man als Reisefotograf jedoch ruhig ignorieren kann.
“Touristisch klisché Orte lohnen sich nicht”
„Lohnt sich nicht“ – wie oft hast du das schon gelesen, wenn’s um bekannte Fotospots geht? Orte wie der Eiffelturm, die Brooklyn Bridge oder das Taj Mahal werden oft als „touristisch“ und „ausgelutscht“ abgestempelt. Und dann kommt der Tipp: Mach lieber was Eigenes, nichts Klischeehaftes. Klingt cool. Ist aber Quatsch.
Warum? Ganz einfach: Diese Orte sind aus einem guten Grund beliebt. Sie sind beeindruckend. Sie funktionieren. Und sie liefern fast immer ein starkes Foto – auch ohne 10 Jahre Fotografie-Erfahrung.
Klar, jeder kennt das Bild vom Eiffelturm bei Sonnenuntergang. Na und? Solche Bilder sind nicht schlecht, nur weil sie schon viele gemacht haben.
Im Gegenteil: Sie sind so beliebt geworden, weil sie eben funktionieren. Und was funktioniert, darf man auch nutzen.
Was viele vergessen: Du fotografierst nicht für einen anonymen Instagram-Feed. Du fotografierst für dich. Und wenn du noch nie am Times Square warst – warum solltest du dir verbieten, dort ein Foto zu machen, nur weil schon Millionen andere eins gemacht haben? Für dich ist das neu. Für dich ist das ein Erlebnis. Und genau das darf auch auf deinem Foto landen.
Klar, manchmal ist ein Ort komplett überlaufen. Statt idyllischer Ruhe bekommst du Selfie-Sticks ins Gesicht. Auch das kann spannend sein.
Mach ein Bild davon. Zeig, wie absurd überfüllt der Spot geworden ist. Das ist vielleicht nicht das klassische Postkartenmotiv – aber es erzählt eine ehrliche Geschichte.
Und ehrlich: In 9 von 10 Fällen lohnt sich der Besuch trotzdem. Das Licht, die Architektur, die Stimmung – das alles ist nicht plötzlich weniger beeindruckend, nur weil jemand anderes schon ein Foto gemacht hat.
Lass dir nicht einreden, dass nur „geheime“ Orte spannend sind. Die Klischees sind nicht das Problem. Sie sind oft genau das Richtige.
So nutze ich klischeehafte Orte für mich
Wenn du in einer neuen Stadt bist, warum dann um den heißen Brei herumgehen? Geh direkt dahin, wo alle hingehen. Altstadt, Hauptplatz, Park mit Ententeich – volles Touri-Programm. Klingt langweilig? Ist es nicht.
Denn genau dort findest du oft den schnellsten Einstieg. Du bekommst direkt ein Gefühl für die Stadt. Du merkst, wie sie tickt. Und nebenbei machst du gute Fotos, ohne dich komplett zu verausgaben.
Gerade wenn du noch nicht ewig fotografierst, sind solche Orte Gold wert. Du bekommst schöne Motive, musst nicht stundenlang suchen, und hast am Ende des Tages Ergebnisse, die sich sehen lassen können.
Das motiviert. Du kommst heim, scrollst durch deine Bilder und denkst: „Geil, das will ich nochmal machen.“ Das ist wichtig. Denn wenn du direkt versuchst, das Rad neu zu erfinden, kann das schnell frustrierend werden.
In Madrid zum Beispiel bin ich direkt in den Retiro-Park. Klar, das steht in jedem Reiseführer. Aber ich wusste: Irgendwo dort treffen sich Schachspieler. Beim ersten Mal hab ich sie nicht gefunden.
Aber die Runde durch den Park hat mir geholfen, die Gegend besser zu verstehen. Und beim zweiten Versuch war ich dann genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
Und wenn du dein erstes „Klischee-Foto“ hast – warum nicht einfach kreativ werden? Dreh dich mal um, geh in die Hocke, beweg dich. Vielleicht siehst du plötzlich eine Szene, die sonst keiner gesehen hat. Ein neues Licht. Eine andere Perspektive. Es geht nicht darum, immer etwas völlig Neues zu machen. Es geht darum, das Bekannte auf deine Art zu zeigen.